Der Porsche Carrera GT mit Michael Hölscher


Der frühere Projektleiter des Porsche Carrera GT, Michael Hölscher, erzählt bei Motorikonen im ausführlichen Interview alles über den Supersportwagen: Von den schwierigsten Momenten des Projekts, von heftigen Vorstandssitzungen mit Wendelin Wiedeking, von den Erprobungsfahrten mit Walter Röhrl und wie es ist, den Carrera GT selbst zu fahren. 

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„Walter Röhrl sagte mir: Wenn er sich ein Auto kauft, dann den Carrera GT.“


Michael Hölscher, Projektleiter des Porsche Carrera GT (Foto: Motorikonen)

PORSCHE CARRERA GT


Technische Daten
Motor: V10, 612 PS, 590 Nm
Kraftübertragung: Sechsganggetriebe, quer eingebaut, Zweischeiben-Keramik-Trockenkupplung
Länge: 4.613 mm
Radstand: 2.730 mm
Fahrleistungen: 0-100 in 3,9 s, 0-200 in 9,9 s, Vmax 334 km/h
Leergewicht: 1.380 kg
Stückzahl: 1.270

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PREVIEW: Michael Hölscher im Interview.

Die Motorikonen Folge über den Carrera GT ist vollgepackt mit bisher unbekannten Infos über die Entstehung des berühmten Über-Porsche. Unten ein kleiner Auszug aus dem Gespräch.

Das Cockpit des Carrera GT Nummer 1270, er steht im Porsche Museum (Foto: Motorikonen)
Marke Motoerikonen: Die Studie vom Porsche Carrera GT wurde ja zum ersten Mal am 28. September 2000 beim Autosalon in Paris gezeigt, mit Walter Röhrl am Steuer.
Michael Hölscher: Ja, das Auto, das da präsentiert wurde, zeigte den Geist, zeigte die Idee. Aber mitnichten die Technik. Das war kein Prototyp, sondern ein Konzeptauto. Beispiel: Das Monocoque vom Vision Carrera GT war nicht aus Kohlefaser. Da hat man eine Boxster-Karosserie genommen, abgeschnitten, schwarz angemalt und so getan, als wäre das Kohlefaser. Oder der Motor. Das war ein echter Rennmotor mit einer echten Rennkupplung. Den konnte Walter Röhrl mit seinen goldenen Füsschen gut fahren, aber das wäre mitnichten etwas gewesen für einen normalen Fahrer. Schon gar nicht entsprach das den Abgasgesetzen. Noch ein Beispiel: Das Getriebe, das da drin war, war ein originales Renngetriebe. Der Rennwagen hatte einen ganz anderen Radstand, das heißt die Antriebswellen, die waren da mit einem extremen Winkel drin – wenn der Walter einmal richtig Gas gegeben hätte, wären die oben aus der Haube rausgeflogen. 
Marke Motoerikonen: Wenn hatten Sie eigentlich als Konkurrenten im Blick?
Michael Hölscher: Also es war klar: Es gab zwei Autos, die wir ernst nehmen mussten: Das war einmal der Nachfolger vom Ferrari F50, später hieß der dann Enzo.  Und eben der Mercedes SLR McLaren. Der SLR ist vom Konzept her anders. Er ist natürlich auch ein tolles Auto geworden, aber er hat eben eine Kohlefaserkarosserie, bei uns gab es ein Kohlefaser-Monocoque. Insofern waren wir eher vergleichbar mit dem Enzo. Als wir dann wussten, wo die Leistungsdaten der Konkurrenz lagen, haben wir nochmal geguckt, was wir aus unserem Motor rausholen konnten. Aber ansonsten war für uns eigentlich immer klar: Wir wollten die alte Porsche-Prämisse auch hier wieder aufleben lassen. Nicht der stärkste Motor. Nicht der größte Hubraum. Sondern das beste Konzept. Und für uns war von vornherein nicht die Höchstgeschwindigkeit ausschlaggebend. Sondern Rundenzeiten. Wir haben immer gesagt: Wenn wir sagen, ein Auto ist schnell, dann meinen wir nicht km/h. Sondern dann meinen wir Sekunden. Natürlich Nordschleife. Das war eben auch eine Arbeit, zu überlegen, wie kriegen wir das hin. 
Marke Motoerikonen: Waren Sie bei den Testfahrten auf der Nordschleife mit Walter Röhrl dabei? 
Michael Hölscher: Ich war bei den Testfahrten mit dabei, aber ich saß bei den ersten Versuchen nicht neben ihm. Ich hab immer gesagt: Erstmal müssen die Leute ihre Arbeit machen, bevor ich mich da mit reinsetze. Außer natürlich bei Sachen, wo ich selber auch mit Entscheidungen treffen musste. Ich bin ja kein Fahrdynamiker und deshalb hab ich gesagt: Macht Ihr erstmal Eure Arbeit. Ich bin dann natürlich auch mal mit Walter Röhrl mitgefahren, das war aber dann später, als das Auto den Serienstand hatte. Und wenn man weiß, dass alles, was das Auto macht, genau das ist, was der Walter machen will, dann ist das gut. Dann ist das schön. Dann macht das Spaß. 
Marke Motoerikonen: Wieviele Kilometer sind Sie denn im Rahmen der Entwicklung selber gefahren? 
Michael Hölscher: Ich hab nicht Buch geführt, aber eine mittlere fünfstellige Zahl wars schon. 
Marke Motoerikonen: Nehmen Sie uns mal mit. Wie ist es, Carrera GT zu fahren? Also Zündschloss ist links, klar. 
Michael Hölscher: Ja, Zündschloss ist natürlich links. Aber es fängt schon an, wenn man daneben steht. Weil das Ganze ist nunmal eine Etage tiefer. Und der Schweller ist viel breiter, sodass Sie etwas mehr Sportlichkeit brauchen, um sich reinzusetzen. Und wenn Sie dann in dem Sitz Platz nehmen, dann ist das eher ein Reinfallen. Weil das einfach tiefer ist. Die Sitzposition dürfte die tiefste sein, die damals in einem Auto realisiert worden ist. Das nächste, was Ihnen auffallen wird, ist das Türgeräusch. Eine Blechtür klingt einfach ganz anders als Kohlefaser. Dann sehen Sie die typischen fünf Rundinstrumente. Da hatten wir übrigens auch lange überlegt, ob wir einen Bildschirm nehmen. Sie haben eine Handschaltung, wo die Hand automatisch hinfällt. Der Knauf ist aus Holz, eine Reminiszenz an den Porsche 917.  Und dann gehts weiter: Sie starten das Auto. Und das ist unbeschreiblich. Dieser V10 hat einen Ton… dazu muss man wissen: Die Zündfolge ist wie in einem Rennauto. Das ist ein Sound, dass es Ihnen den Rücken runterläuft. Dazu eine kleine Episode: Ich bin mit einem Kollegen mal in die Schweiz gefahren, zu einem potentiellen Kunden, dem wir das Auto zeigen wollten. Und da sind wir spät abends zurückgekommen. Die A81 hoch, von Singen. Am nächsten Morgen spricht mich in der Werkstatt ein Mechaniker an: „Sie, Herr Hölscher, kann das sein, dass Sie gestern Abend gegen 11 Uhr die A81 hochgefahren sind?“ – „Ja, woher wissen Sie denn das?“ – „Ach, ich wohn 5 Kilometer davon entfernt“.

Das ganze Interview: Jetzt bei Motorikonen im Podcast.

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